Erfolg ist zu einem der meistgenutzten, aber am schlechtesten definierten Begriffe unserer Zeit geworden. Höheres Einkommen, mehr Verantwortung, größere Sichtbarkeit – all das gilt landläufig als „erfolgreich“. Gleichzeitig steigt die Zahl der Menschen, die trotz objektiv guter Karrierewege von Überlastung, innerer Leere oder Sinnkrisen berichten.
Eine aktuelle Meta-Analyse mit Daten von über 2,25 Millionen Menschen setzt hier an und stellt eine einfache, aber grundlegende Frage:
Wie sieht Erfolg im Leben aus, wenn wir ihn nicht nur an Karriere, sondern am ganzen Lebensverlauf messen?
Der folgende Beitrag fasst die Kernergebnisse dieser Arbeit verständlich zusammen, ordnet sie ein und zeigt, was das für Individuen, Unternehmen und Führung bedeutet – und welche Rolle die Persönlichkeit (Big Five) dabei spielt.
1. Erfolg als Lebensportfolio – nicht als einzelner Karriereindikator
Die Studie „Mapping Domains of Life Success: Insights from Meta-Analytic Criterion Profile Analysis“ aus 2025 definiert Erfolg im Leben bewusst breiter als klassische Karrierepfade. Erfolg wird verstanden als Bündel von Ergebnissen, die über die Lebensspanne hinweg relevant sind und gesellschaftlich als bedeutsam gelten. Dazu gehören unter anderem:
- Psychische Gesundheit und emotionale Stabilität
- Körperliche Gesundheit und Langlebigkeit
- Qualität von Beziehungen – in Familie, Partnerschaft, Freundeskreis und Arbeitskontext
- Leistung und Entwicklung in Arbeit, Studium und Projekten
- Finanzielle Stabilität und extrinsische Erfolge (z. B. Einkommen, Position, Aufstieg)
- Sinn und Beitrag – etwa durch Inklusion, Engagement, Führungsverantwortung oder gesellschaftliche Wirkung
Erfolg im Leben bedeutet damit nicht mehr nur „Karriere machen“, sondern ein ausbalanciertes Lebensportfolio: Wie stehen psychische Gesundheit, berufliche Entwicklung, Beziehungen und Sinn in Relation zueinander?
2. Die Datenbasis: 2,25 Millionen Menschen und 111 Meta-Analysen
Die Autor:innen arbeiten nicht mit einer Einzelerhebung, sondern mit einer außergewöhnlich breiten Datengrundlage. In die Analyse fließen ein:
- 111 Meta-Analysen
- über 3.300 Einzelstudien
- Daten von mehr als 2,25 Millionen Personen
Im Zentrum der Auswertung steht die Verbindung zwischen Persönlichkeit und verschiedenen Formen von Lebenserfolg. Als Modell dient das international etablierte Big-Five-Modell der Persönlichkeit mit den Dimensionen:
- Extraversion (Geselligkeit, Energie, Durchsetzungsfähigkeit)
- Verträglichkeit (Kooperation, Empathie, Konfliktstil)
- Gewissenhaftigkeit (Zuverlässigkeit, Zielorientierung, Selbstdisziplin)
- Emotionale Stabilität (Resilienz vs. Anfälligkeit für Stress und negative Emotionen)
- Offenheit für Erfahrungen (Neugier, Innovationsfreude, intellektuelle und kreative Offenheit)
Die Studie analysiert nicht nur einzelne Merkmale, sondern vor allem Persönlichkeitsprofile – also die Kombination dieser fünf Dimensionen – und verknüpft sie mit verschiedenen Indikatoren von Erfolg im Leben.
3. Drei Erfolgsrichtungen: Zufriedenheit, Leistung, Beitrag
Auf Basis der Daten identifizieren die Forschenden drei übergeordnete Erfolgsrichtungen, in denen sich typische Muster von Lebenserfolg bündeln. Man kann sie als unterschiedliche, aber gleichwertige „Erfolgslogiken“ verstehen.
3.1 Contentment – Erfolg als psychische Stabilität und Lebenszufriedenheit
Die erste Erfolgsrichtung umfasst:
- subjektives Wohlbefinden
- Lebenszufriedenheit
- psychische Gesundheit
- innere Stabilität und Belastbarkeit
Personen mit Profilen, die diese Form von Erfolg begünstigen, zeichnen sich häufig durch:
- hohe emotionale Stabilität
- eher hohe Verträglichkeit
- eine grundsätzlich realistische, wenig dramatisierende Sicht auf sich selbst und das Umfeld
Erfolg bedeutet in diesem Verständnis nicht maximales Tempo, sondern ein stabiles, gesundes und innerlich stimmiges Leben. Themen wie Mental Health, Resilienz, Work-Life-Balance und nachhaltige Leistungsfähigkeit stehen hier im Vordergrund.
3.2 Agentic Engagement – Erfolg als Leistung, Einfluss und Karriere
Die zweite Erfolgsrichtung spiegelt stärker das klassische, öffentlich sichtbare Erfolgsnarrativ wider. Sie umfasst:
- hohe Berufs- und Studienleistung
- sichtbare Karriereentwicklung, Aufstieg und Einfluss
- Verantwortungsübernahme in Projekten, Teams und Organisationen
- Innovation und Kreativität, z. B. in Entrepreneurship, Forschung oder Transformationsprojekten
Typische Persönlichkeitskonstellationen in diesem Bereich sind:
- hohe Gewissenhaftigkeit (Zielorientierung, Verlässlichkeit, Durchhaltevermögen)
- eher hohe Extraversion (Präsenz, Netzwerkfähigkeit, Auftrittssicherheit)
- häufig hohe Offenheit (Innovationskraft, Lernbereitschaft, Veränderungsaffinität)
Hier steht Erfolg für Wirksamkeit, Gestaltungsmacht und messbare Ergebnisse – etwa im Kontext von New Work, Future of Work, Führung oder digitaler Transformation.
3.3 Self-Transcendence – Erfolg als Sinn und Beitrag für andere
Die dritte Erfolgsrichtung fokussiert eine Dimension, die in vielen Erfolgsdiskursen zu kurz kommt:
- Beitrag zu anderen
- Förderung von Teamkultur, Inklusion und Diversität
- Aufbau und Pflege tragfähiger Beziehungen
- Sinnstiftung durch Verantwortung für Menschen statt ausschließlich für Kennzahlen
Persönlichkeitsprofile in dieser Richtung sind häufig geprägt von:
- hoher Verträglichkeit (Empathie, Kooperationsbereitschaft, Integrationskraft)
- häufig guter emotionaler Stabilität
Erfolg bedeutet hier: das eigene Umfeld positiv prägen, Menschen entwickeln, Teams zusammenhalten, soziale Verantwortung ernst nehmen – in Organisationen ebenso wie im zivilgesellschaftlichen oder privaten Kontext.
4. Konsequenzen für Individuen: Erfolgsverständnis bewusst klären
Die drei Erfolgsrichtungen zeigen deutlich:
Es gibt nicht „den“ einen erfolgreichen Lebenslauf. Die zentrale Aufgabe wird, das eigene Erfolgsverständnis aktiv zu reflektieren:
- In welchem Verhältnis stehen bei mir aktuell Leistung, Gesundheit, Beziehungen und Sinn?
- Welche der drei Erfolgsrichtungen spiegelt meine derzeitige Lebensrealität am stärksten?
- Welche Bereiche sind möglicherweise unterbelichtet – etwa mentale Gesundheit, Sinnorientierung oder berufliche Entfaltung?
Die Big-Five-Persönlichkeit liefert dabei einen hilfreichen Rahmen: Sie ersetzt keine Entscheidungen, bietet aber eine Orientierung, welche Formen von Erfolg besonders gut zur eigenen Person passen – und welche vermutlich dauerhaft mehr Energie kosten als sie geben.
5. Konsequenzen für Organisationen, HR und Führung
Für Unternehmen und Führungskräfte ist die Studie in mehrfacher Hinsicht relevant:
- Diversere Talentlogiken
Nicht alle „High Potentials“ sehen gleich aus. Neben klassisch leistungs- und karriereorientierten Profilen braucht es Personen, die kulturelle Stabilität sichern, psychologische Sicherheit fördern oder Inklusion und Zusammenarbeit stärken. - Nachhaltige Leistungsfähigkeit statt kurzfristiger Performance
Wenn Erfolg im Leben psychische Gesundheit, Work-Life-Balance und stabile Beziehungen einschließt, reicht es nicht, nur auf kurzfristige Kennzahlen zu schauen. Themen wie Employee Wellbeing, Mental Health und gesunde Führung sind strategische Faktoren – keine „weichen“ Zusatzthemen. - Karrierepfade neu denken
Organisationen, die verschiedene Formen von Erfolg anerkennen, entwickeln differenzierte Karrierepfade: für Fachlichkeit, für Führung, für Projekt- und Transformationsrollen sowie für Rollen, die Kultur, Inklusion und Zusammenarbeit systematisch stärken.
Gerade in einer Arbeitswelt, die von KI, Kompetenzverschiebungen und zunehmender Komplexität geprägt ist, wird ein breiteres Verständnis von Erfolg zum Wettbewerbsvorteil – für Arbeitgeberattraktivität ebenso wie für langfristige Leistungsfähigkeit.
6. Persönlichkeit als Hebel: Big-Five-Test zur Standortbestimmung
Wer Erfolg im Leben bewusster gestalten möchte, braucht zunächst eine klare Sicht auf die eigene Persönlichkeit. Ein fundierter Big-Five-Persönlichkeitstest kann helfen,
- individuelle Stärken und Ressourcen klarer zu erkennen
- typische Stolpersteine (z. B. Überforderung, Perfektionismus, Konfliktmuster) zu verstehen
- berufliche und persönliche Entscheidungen besser an der eigenen Persönlichkeit auszurichten
Einen entsprechenden Test zur Selbstreflexion findest du hier:
marlowguttmann.de/persoenlichkeitstest
Gerade im Coaching, in der Karriereberatung, in der Führungskräfteentwicklung oder im Talent Management ist die Kombination aus Persönlichkeitsdiagnostik und einem breiteren Verständnis von Lebenserfolg ein wirkungsvolles Instrument.
7. Studienreferenz und weiterführende Informationen
Die in diesem Artikel dargestellten Inhalte basieren insbesondere auf der folgenden Arbeit:
- Wilmot, M. P., Wiernik, B. M., & Ones, D. S.
Mapping Domains of Life Success: Insights from Meta-Analytic Criterion Profile Analysis.
Volltext (APA PsycNet):
https://psycnet.apa.org/fulltext/2026-36149-001.html
Wer sich vertiefend mit Persönlichkeit (Big Five), Karriereerfolg, Lebenszufriedenheit oder New-Work-Konzepten beschäftigen möchte, findet dort eine ausführliche, wissenschaftlich fundierte Grundlage.
8. Nächster Schritt und Kontakt
Wenn du:
- dein eigenes Erfolgsverständnis schärfen möchtest
- das Thema Persönlichkeit und Erfolg im Leben für dich, dein Team oder dein Unternehmen nutzbar machen willst
- oder Fragen zur Einordnung der Studie und ihrer praktischen Umsetzung hast
dann melde dich gerne direkt:
marlowguttmann.de/kontakt
Oder starte mit deiner persönlichen Standortbestimmung:
marlowguttmann.de/persoenlichkeitstest
Ein professionell reflektiertes Verständnis von Erfolg im Leben ist eine der zentralen Voraussetzungen für eine Arbeits- und Lebenswelt, die sowohl leistungsfähig als auch menschlich bleibt.

